Die größten Grillmythen
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Grillmythen und die gröbsten Fehler im Umgang mit Fleisch

Wann salzen und pfeffern? Poren schließen sich beim braten? Mit Bier ablöschen? Ein Artikel zu den gröbsten Fehlern und sich hartnäckig haltenden Mythen beim braten und grillen von Fleisch.

Ich habe mal die Fragen und Grillmythen aufgeschrieben, die mir in Grillkursen und sonstigen Events am häufigsten gestellt werden. Falls Ihr weitere Fragen habt, könnt Ihr sie gerne per Kommentar loswerden. Ich beantworte sie dann und nehme sie dann bei entsprechender Relevanz mit in den Text auf. :-)

Beim Anbraten schließen sich die Poren

Das stimmt so nicht: Haut hat Poren, Fleisch hingegen besteht aus Muskelfasern. Aber auch diese “verschließen” sich nicht beim anbraten. Sie “denaturieren“ und ziehen sich beim Garen zusammen. Zudem sinkt neben dem Feuchtigkeitsgehalt mit dem fortschreitenden Garen auch die Bindefähigkeit für Wasser und Fett: Das Steak wird trocken.

Salz und Pfeffer vor oder nach dem grillen/braten?

Auch wenn es hier viele Philosophien gibt: Salz verstärkt in einem chemischen Prozess die Bildung von Röstaromen, darum empfehle ich grundsätzlich sein Steak ein paar Minuten vor dem Grillen zu salzen. Pfeffer hingegen überlebt die langen hohen Temperaturen beim braten nicht und bildet schnell Bitterstoffe.
Mein Tipp: Frisch zerstoßene Pfefferkörner erst kurz vor Ende des Bratvorgangs (oder danach!) mit anrösten, das entfernt Bitterstoffe und intensiviert viele Aromen des Pfeffers. Den Pfeffer mörsern, etwas Butter zugeben und diese braun werden lassen. Die Pfefferkörner mit der aromatisierten Butter anschließend über das Steak geben.

Entzieht salzen vor dem Braten dem Fleisch Wasser?

Soweit korrekt, allerdings kommt es auf den Zeitpunkt an. Rund 10-20 Minuten vor dem anbraten kann ein Steak schon gesalzen werden. Das Salz zerfließt dann auf dem Fleisch und bildet beim braten eine schöne braune Kruste. Ich nutze deswegen für den Brat- oder Grillvorgang ein feines, leicht schmelzendes (=sich auflösendes) Fleur de Sel. Das Salz auf dem Teller ist ebenfalls ein Fleur de Sel, denn dank der geringeren Salzintensität im Gegensatz zu (raffinierten) Produkten macht hier ein erneutes Salzen durchaus Sinn: Das Fleisch wird nicht ver- oder übersalzen, sondern im Eigengeschmack unterstützt.

Ist Fleisch smoken/räuchern ungesund?

Wie so oft im Leben gilt: Die Menge macht das Gift. Beim räuchern muss man aber erstmal zwischen zwei unterschiedlichen Bereiche trennen, nämlich unserer Atmung und dem Effekt auf das Fleisch:

  • Das Einatmen von Rauch ist grundsätzlich als ungesund anzusehen. Rauch vom Holz und von verbrennendem Fett sollte möglichst nicht eingeatmet werden – Auch wenn es wahnsinnig lecker riechen kann. ;-) Der Rauch enthält Toxine, sogenannte polycyclischen Aromaten (PAH), die als krebserregend gelten.
  • Das Verspeisen von geräuchertem Fleisch ist von der Sache her nicht grundsätzlich ungesund, es kommt vor allem auf die Häufigkeit an. Ich habe eine Studie aus den 80ern gefunden, indem Wissenschaftler in einem ungarischem Gebiet ein um fast 50% erhöhtes Risiko für Tumore im Bauchbereich feststellen konnten. Traditionell wurde dort sehr viel [vermutlich täglich] geräuchertes und gegrilltes Fleisch gegessen, als Vergleich diente ein Dorf in der damaligen DDR. Da die Schadstoffwerte sich bei industriell und hausgeräuchertem Fleisch sehr ähneln, halte ich jene Studie erstmal für repräsentativ.
    Neben der Häufigkeit, wie oft man geräuchertes Fleisch isst, sind die Zubereitungsart, die Zubereitungsdauer und die dabei verwendeten Hölzer ebenso wichtige Faktoren: Hölzer mit vielen ätherischen Ölen (Tanne, Kiefer, …) gelten als besonders geschmacksintensiv, aber auch als besonders ungesund.

Die meisten krebserregenden Gifte nimmt aber man auf, wenn man verkohltes Fleisch isst. [Bio] Gemüse und Früchte bilden beim verkohlen keine Toxine, hier werden nur Düngemittel (z.B. Nitrit, siehe oben) zum Problem.

Schmeckt man einen Unterschied zwischen Gas und Kohle?

Jein. Was das klassische “Grillaroma” angeht: Das kommt vor allem von verbrennendem, rauchendem Fett und Fleischsaft – Und dieser Rauch entsteht sowohl auf dem Kohlegrill als auch auf dem Gasgrill. Kohle selbst riecht tendenziell nicht, denn (bei guter Qualität) ist das Holz vollständig geköhlert und damit ausschließlich Brennstoff: Wer seine Kohle schmeckt, hat demnach vermutlich nicht die beste Qualität.

Wenn auf dem Kohlegrill statt mit Kohle hingegen mit Holz geheizt wird, hinterlässt das natürlich auch besondere Raucharomen. Um das beim klassischen Gasgrill nicht missen zu müssen, kann man eine mit Holz gefüllte, sogenannte Smoke Box über die Brenner stellen.

“Gut gegrillt erkennt man am Grillmuster.“

Völliger Quatsch! Das Branding zeigt die einzigen Stellen, an denen Röstaromen am Fleisch entstanden sind. Die grauen Stellen dazwischen sind durch warme Luft gegarte Fasern, die keine Röstaromen gebildet haben. Also sind Brandings zwar optisch schön, bedeuten aber ein Defizit im Geschmack, denn die knackigen Röstaromen mit einer Kruste machen ein Steak (neben dem Gargrad) erst perfekt. Das passende Tool für maximale Röstaromen auf der gesamten Fläche ist für mich der Beefer, der mit 800°C Oberhitze für eine großartige und gleichmäßige Kruste sorgt.

Mit Bier ablöschen?

Bitte nicht! Das Bier kühlt das Fleisch ab, was den Garvorgang länger und das Fleisch trockener macht. Vom Bier bleibt hingegen kein Geschmack zurück – Wer also Biergeschmack am Fleisch mag, sollte eine Biermarinade nutzen. Zudem löscht das Bier die Glut, wodurch Ruß aufsteigt und am Grillgut haftet, das ist weder gesund noch geschmacklich gut. Außerdem wird durch die geringere Temperatur in Folge des Ablöschens auch die Garzeit verlängert, was das Grillgut noch weiter austrocknen lässt. Kurzum: Das Ablöschen mit Bier ist ein absolutes No-Go!

Eingefrorenes Fleisch verliert an Qualität.

Ja und Nein. Wird Fleisch langsam gefroren, bilden sich Eiskristalle im Fleisch. Diese sprengen die Fasern auf und vermindern die Bindefähigkeit für Flüssigkeiten. Dadurch tritt später mehr Fleischsaft beim Auftauen (vorallem im Vakuum) und beim Garen aus. Schockgefrostetes Fleisch hingegen bildet diese Eiskristalle nicht, sodass es fast ohne Qualitätseinbußen wieder aufgetaut werden kann.
Mit der Zeit verdirbt aber auch tiefgefroreres Fleisch: Die Bakterienaktivität, die für die Zersetzung und damit den Zerfall des Muskels zuständig sind, sind bei Temperaturen unter 0 °C nicht inaktiv, sie arbeiten nur langsamer. Rohes Fleisch sollte deswegen keine zwei Silvester in der Tiefkühlung erleben, gegartes Fleisch hingegen kann in der Regel noch der nächsten Generation vererbt werden. ;-)

„Melasse“ im BBQ.

In amerikanischen Rezepten findet man oft die Zutat “molasses”. Übersetzt ist das die “Melasse”, die hierzulande aber aus dunklem Zuckerrübensirup besteht. Das amerikanische Original ist aber etwas ganz anderes, nämlich Zuckerrohrsirup. Der geschmackliche Unterschied ist enorm, dadurch ist Agavendicksaft für mich die bessere Alternative zur amerikanischen “molasses”.

Kann Fleisch blutig sein?

Nein. Auch wenn wir ein Steak im Restaurant “blutig” bestellen können: Blut fließt durch Adern und Venen, aber nicht durch Muskeln. Das Blut hat, wie wir alle wissen, nur die Aufgabe, den Muskel mit Sauerstoff und anderen Stoffen zu versorgen. Im Muskel selber ist eigentlich nur Wasser, dass mit Teilen des Muskels angereichert ist. Diese Stoffe werden freigesetzt, weil die Fleischfasern durch Reifung vorab und Garvorgang mürbe werden. Die rötliche Färbung beim Fleischsaft kommt vom Protein “Myoglobin”, welches als Sauerstofftransporteur im Muskel fungiert.

US Beef und Hormone

Fleisch aus den Staaten, das in Europa in den Handel kommt, ist grundsätzlich nicht hormonbehandelt. Das schreibt das NHTCP, das Non-Hormone Treated Cattle Program, vor. Es handelt sich hierbei um ein Abkommen zwischen den USA und der EU, das bereits seit 1999 besteht. Für die Einhaltung ist die USDA, das amerikanische Landwirtschaftsministerium, mit seinen untergeordneten Behörden zuständig.

Thüringer Würstchen sind die Besten!

Das kann schon sein, aber verallgemeinern lässt sich diese Aussage wohl nicht. “Thüringer Würstchen” müssen aus Thüringen kommen – Es handelt sich also „nur“ um eine regionale Angabe. Fleischzusammensetzung, Gewürze und Rezepturen sind nicht vorgegeben und variieren deswegen stark voneinander.

Aluminium beim Grillen

Aluminium kann durch Säure oder Salz zersetzt werden. Je länger der Kontakt anhält, desto stärker ist der Übergang von Aluminiumteilchen; das gilt auch für Aluschalen, auf denen viele noch grillen. Wer z.B. mariniertes in Alufolie längere Zeit aufbewahrt hat, dem sind bestimmt schon mal Löcher in der Alufolie aufgefallen – Hier hat sich das Aluminium schon auf das Essen übertragen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher von einer Nutzung bei stark sauren und salzigen Speisen ab.
Aluminium wurde auch lange in Deodorants eingesetzt, ist jedoch nachweislich für viele Fälle von Brustkrebs und Tumoren in der Anwendungsregion verantwortlich. Aluminium wird zudem auch immer als mögliche Ursache für Alzheimer angeführt.

Ist Holz hygienischer als Plastik?

Jein – Denn es kommt ganz auf die Pflege an. Holz hat Gerbstoffe, die antibakteriell wirken. Um diesen natürlichen Schutz aufrecht zu erhalten, muss ein Brett regelmäßig leicht abgeschliffen werden. Einölen schützt das Holz vor trocknungsbedingten Rissen und macht es langlebiger. Plastikbretter hingegen muss man zwar nur abwaschen, dafür aber viel häufiger tauschen, denn hier können sich durch scharfe Messer schnell kleine Plastikteilchen lösen. Zugegeben: Auch beim Holz kann sich bei starker Beanspruchung etwas lösen, das halte ich jedoch gesundheitlich weitaus unbedenklicher als das Verspeisen von Plastik.

Plateauphasen

In den Plateauphasen beim BBQ entsteht durch das austretende Wasser ein Feuchtigkeitsfilm an der Oberfläche vom Fleisch, die verdunsten muss. Dabei entsteht Verdunstungskälte, der gleiche Effekt wie beim menschlichen Schwitzen. Eine genaue Erklärung kann man hier nachlesen.

Sind gepökelte Waren giftig?

Ein weiterer Mythos ist, dass gepökelte Produkte ungesund seien. Das stimmt nur bedingt, denn grundsätzlich ist der Nitritgehalt bei Pökelsalz bei maximal 1%. Die Aufnahme über Schinken, Kochwürste etc. ist dahingehend sehr gering und bei nicht übermäßigem Konsum als meines Wissens nach als nicht schädlich anzusehen; konventioneller Salat ist durch Düngemittel um ein vielfaches stärker mit Nitrit belastet und in geringen Mengen auch nicht bedenklich. Gefährlich wird Nitrit erst, wenn es über 160°C erhitzt wird. Dann entstehen krebserregende Nitrosamine. Grillwürstchen zum Beispiel sollten deswegen nicht mit Pökelsalz (Zusatzstoff E250) hergestellt werden. Selber wursten ist übrigens nicht schwer! ;-)

Fett ist ungesund.

Das kann man nur schwer pauschalisieren. Wenn man von tierischen Fetten spricht, sind diese lange nicht so ungesund wie lange behauptet wurde; Rindfleisch beeinflusst zudem den LDL-Cholesterinspiegel weitaus weniger als fettreiche Produkte aus Schweinefleisch (z.B. Bauchfleisch und Wurst). Intramuskuläres Fett, also im Muskel eingewachsenes Fett, kann je nach Rinderrasse und Fütterung reicher an Omega3-Fettsäuren sein als so manches Stück Fisch. Bei einer fleischreichen Ernährung sollte man deswegen über gute Pflanzenöle die für den Körper wichtigen ungesättigen Fettsäuren aufnehmen. Gehärtete Fette, z.B. in Fertigprodukten, Eis und Schokolade, gelten in zu großen Mengen generell als ungesund. Wie immer gilt: Alles in Maßen! :-)

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5 Kommentare

  1. Interessant, dass Salz die Bildung von Röstaromen verstärkt. Ich habe mich immer gefragt, ob ich das Fleisch vor oder nach dem Grillen salzen soll. Ich werde definitiv deine Tipps im Kopf behalten, danke!

  2. Hallo Thomas,

    vielen Dank für diesen nützlichen Beitrag! Gerade Anfänger in der Grillwelt können auf Grund dieser Mythen vieles falsch machen, deswegen empfinde ich es als äußerst vorbildlich, dass du Aufklärungsarbeit in dieser Hinsicht leistest. Gerade das Ablöschen mit Bier ist so ein Schwachsinn, aber erklär‘ das mal jemandem, der fest von dieser „glorreichen Idee“ überzeugt ist. Auf jeden Fall ein top Beitrag, mein Lob! Mach‘ auf jeden Fall weiter so.

    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Robert Zachales.

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