Morgan Ranch Edelfleisch aus den Nebraska Sandhills - Ein Blick auf die Zucht von Dan Morgan
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Die Morgan Ranch: Edelfleisch aus den Nebraska Sandhills

Zu Ostern auf der Morgan Ranch: Wagyu, Black Angus, Hereford und Kuhbabies, so weit das Auge reicht. Ein detaillierter Blick auf die weltberühmte Morgan Ranch.

Angefangen hat meine ganz persönliche Morgan-Geschichte vor etlichen Jahren, ich kann gar nicht genau sagen, wann das war. Fleisch der Morgan Ranch in Nebraska ist schon seit einer gefühlten Ewigkeit im Sortiment von Otto Gourmet und deswegen auch unter Fleischliebhabern und Gourmets sehr bekannt. Man findet das Morgan Ranch Beef auf den Menükarten der besten Restaurants weltweit, darunter auch im Sternerestaurant YUNICO in Bonn. Dessen Chefkoch Christian Sturm-Willms hat mich auf der Reise begleitet.

Die Morgan Ranch hat ihre Bekanntheit nicht zuletzt durch 30 Jahre Erfahrung in der reinrassigen Wagyu-Zucht erlangt. Den Initiator der Wagyu-Zucht und Kopf der Ranch, Dan Morgan, habe ich vor vielen Jahren persönlich kennenlernen dürfen und war von Anfang an von ihm begeistert. Ein Mann, der mich mit seiner ruhigen und humorvollen Art an meinen Opa erinnert und zudem eine unglaubliche Quelle an Wissen über die Rinderzucht ist; Ich stelle Dan weiter unten im Rahmen der Menschen auf der Ranch noch näher vor. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden, einen fast schon familiären Kontakt gepflegt und irgendwann wurde ich mit einer Einladung auf die Ranch überrascht. Das war für mich eine große Ehre und eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen konnte. Ein paar Tage vor Ostern habe ich meine Koffer gepackt und der Trip in die Staaten ging los.

Die Anreise

Nach mehreren Stops per Flugzeug bin ich irgendwann in Omaha, Nebraska angekommen. Der Bundesstaat Nebraska liegt im mittleren Westen der USA und hat eine Fläche von über 200.000 km²; das sind knapp ⅔ von Deutschland, zweieinhalb mal Österreich oder sechsmal Belgien. Die USA sind verdammt groß, und so ist die weite Nebraskas von der Landwirtschaft und endlos langen Straßen geprägt. Rund ⅔ der Bevölkerung lebt in den Großstädten Lincoln und Omaha, und so sind Gebiete außerhalb der städtischen Gebiete dünn besiedelt. Sehr dünn.

Am Flughafen hat mich Scott Kleeb abgeholt, er ist seit 15 Jahren Freund der Familie und hilft seit 3 Jahren bei der Vermarktung. Ich kenne Scott auch schon 2 Jahre, und so war das natürlich eine freudige Überraschung. Es ging sofort über große Straßen zur “Packing Plant” in Omaha, da wartete Dan schon auf uns. Aber es blieb keine Zeit für langes Geplauder, denn für Dan sollte in wenigen Minuten die Arbeit losgehen.

O’Neill Packing Plant

O'Neil Packing Plant - Zerlegebetrieb in der MorgendämmerungDas Schlachthaus liegt in einem kleinen Industriegebiet. Nach der kurzen Begrüßung gingen wir in den Schlachtbetrieb, zogen uns Kittel und Handschuhe an und Dan ging an die Arbeit, denn an diesem Tag sollten 80 Rinder verarbeitet.

Das hochwertige Fleisch braucht eine feinere Behandlung und besondere Zuschnitte, die große Schlachthöfe nicht liefern können. So kontrolliert Dan jede seiner Lieferungen seit 30 Jahren persönlich – Mit einer einzigen Ausnahme von 1,5 Stunden wegen eines Jetlags, wie mir Scott im Laufe der Woche mal “nebenbei” erzählt hat. Am Folgetag sollten weitere 120 Tiere verarbeitet werden – Die ganze Fabrik hing also mit wahnsinnig tollem Beef von der Morgan Ranch voll, wie man in diesem Instagram-Video sehen kann.

Dan schaut hier aber nicht nur die handwerkliche Arbeit der Metzger genau an, er untersucht auch jeden einzelnen Schlachtkörper. Er prüft verschiedene Qualitätsmerkmale und kann anhand der Identifikation die Kuh, sowie deren Eltern bestimmen. So optimiert er seine Zucht hin zur besten Genetik – Das klingt einfach, ist aber ein unglaublich langwieriger und schwieriger Prozess, der viel akribische Arbeit erfordert. Ein paar Bilder beider Tage habe ich in der folgenden Galerie mal zusammengefasst.

Die Morgan Ranch

Nach zwei Tagen in der Verarbeitungsanlage haben wir uns dann zur Ranch aufgemacht. Christian traf am Morgen ein und wir verstanden uns auf Anhieb, so war die Fahrt bis zur Ranch sehr angenehm. Mit jeder Meile außerhalb der Stadt schwand mit der Bevölkerungsdichte auch der Handyempfang, aber mit lässiger Country-Musik in den Ohren rollten wir entspannt Meile um Meile ins tiefe Land. Nach über vier Stunden, in denen wir eigentlich nur geradeaus gefahren sind, stand irgendwann ein lang ersehntes Schild am Straßenrand: Die Morgan Ranch.

Ankunft an der Morgan Ranch

Trotzdem würde ich nicht sagen, dass wir am Ziel waren. Denn von der Straße bis zur Ranch waren es noch einige Minuten Fahrt über einen sandigen Feldweg, vorbei am kleinen Bach „Gracie Creek“ und etlichen Kühen. Irgendwann tauchten am Horizont ein paar kleine Gebäude auf: Die Ranch.

Ich hatte ein großes Gelände mit großen Hallen erwartet; irgendwie mehr von dem, was man sich unter “Feedlots” vorstellt: eben hunderte Tiere auf kleinem Raum. Aber die Realität war ganz anders. Um 1880 herum hat Dan’s Großvater die ersten Schritte als Züchter gewagt, die Morgan Ranch wurde dann 1934 erbaut – Und seit dem hat sich hier offensichtlich nicht sehr viel verändert. Das kleine, schnuckelige Bauernhaus steht zwischen einer Werkhalle, einer Scheune und einem Pferdestall. Bescheiden, klein, alles sehr sympathisch. Wir gingen erstmal ins Haus und wurde den Familienmitgliedern vorgestellt, die auf der Ranch mit anpacken.

Die Familie Morgan

  • Dan Morgan
    Dan Morgan bei einer Kontrollfahrt auf der Ranch - Natürlich mit "Nebraska Ice Tea" (= Whisky).
    Dan Morgan bei einer Kontrollfahrt auf der Ranch – Natürlich mit seinem „Nebraska Ice Tea“ (= Whisky).

    Dan ist der Kopf des Klans und ⅔ des Jahres für sein Fleisch in der ganzen Welt unterwegs. Er hat die Ranch von seinem Vater übernommen und hat vor über 30 Jahren Wagyu-Samen und Eizellen erhalten. Aus dieser Basis ist inzwischen eine eine reinrassige Wagyu-Zucht mit maximal 1000 Tieren geworden. Wie genau Dan Morgan damals trotz Exportstopp an die Eizellen und den Samen der Wagyus gekommen ist, darum ranken sich viele Mythen und Geschichten, über deren Wahrheitsgehalt akribisch geschwiegen wird.  Fakt ist: Dan war über 20 der einzige Wagyu-Züchter außerhalb Japans und hat dadurch natürlich auch viel mehr Erfahrung und einen großen Wissensvorsprung gegenüber anderen Züchtern.
    Neben dem Wagyu bietet er auch sein nicht minder berühmtes “American Beef” an, was aus den Rassen Irish Hereford und Black Angus, sowie Kreuzungen jener besteht. Die Qualität vom Fleisch ist unglaublich hoch, weil Dan seit Anbeginn penibel die “genetische” Optimierung verfolgt. Das klappt nur, weil er wirklich jede Kuh sowie deren Eltern genau kennt und im Schlachthaus vergleichen kann, welche kombinierten Blutlinien die besten Ergebnisse hervorbringen. Auf einer Fahrt kamen wir an einer offensichtlich sehr alten Kuh mit Kalb vorbei, ich sprach ihn darauf an und bekam sofort einen Lebenslauf der Kuh. Dan produziert nicht einfach nur Fleisch, er strebt stets nach dem besseren Produkt mit noch besserer Marmorierung, kräftigerer Farbe, besserem Geschmack und etlichen anderen Parametern.

  • Ron Morgan
    Ron ist Dans Bruder, so ziemlich im selben Alter, nicht minder humorvoll und extrem fleißig auf der Ranch. Auf die Frage ob er mal nach Deutschland komme antwortete er mit ‘I don’t like so much people around.’, aber nach den ersten Witzchen taute Ron auf. Seine Aufgaben sind extrem vielseitig, und es gibt wohl nichts, was er auf der Ranch nicht macht. Von der Fütterung bis zur Geburtshilfe übernimmt er jede Aufgabe, die anfällt: Ein kamerascheuer Rancher der alten Schule, den man im Hintergrund des Geburtsvideos weiter unten sehen kann.
Die Nebraska Sandhills auf der Morgan Ranch
Die Nebraska Sandhills auf der Morgan Ranch.
  • Patrick Morgan
    Patrick hat einen Abschluss auf einer Landwirtschaftsschule, sein Fokus ist das sogenannte “grassland management”. Er kennt die Vegetation und versteht das komplette Ökosystem: Von den Ameisen und Pflanzen unter der Erde bis zum Adler in der Luft. Sein Sohn “Chase” spielt immer irgendwo auf der Ranch herum, während Patrick entweder zu Pferd oder im ‘four wheeler’ die Kühe hütet. Sein fundiertes Wissen gibt er als Dozent weiter, in der Kalbzeit ist er aber vor allem Hebamme (siehe Video weiter unten), Tagesmutter und Chauffeur für verlorengegangene Kuhbabies.
  • Roger Morgan
    Roger Morgan, Morgan Ranch, Burwell
    Roger Morgan liest in einer Fachzeitschrift.

    Roger ist ein cleveres Kerlchen, packt überall mit an hat seine Finger auch überall im Spiel. Er hat Agrarwissenschaften und Tierwissenschaften studiert und somit Kompetenzen, die auf der Ranch sehr gefragt sind. Mit seinem Wissen ist er Selbstständig und hilft anderen Ranchern und Farmern zu einer besseren, nachhaltigeren Bewirtschaftung ihrer Ländereien. Zudem ist er verantwortlich für die Mast sechsmonatige Mast der Rinder und bietet anderen Farmern und Ranchern sein Wissen als Consultant an. Wir hatten eine gute Zeit mit vielen interessante Gespräche und durch ihn wurde mir erst klar, warum das Rancher-Dasein inmitten der Sandhills gar nicht so leicht ist und verdammt viel Verantwortung erfordert. Mehr dazu weiter unten.

  • Carrie Morgan
    Carrie ist Mutter einer Tochter, Hausfrau, Krankenschwester und hilft zudem noch auf der Ranch aus, wo immer sie kann. Eine fleißige und sehr liebevolle Frau, die man auf dem Land braucht – Nicht zuletzt auch, weil das nächste Krankenhaus nicht gerade um die Ecke liegt. Carrie sieht man auf einem Bild weiter unten.
  • Doris Morgan
    Doris ist Uroma, Oma und die gute Seele des Hauses. In ihrem stolzen Alter sitzt sie noch am PC, kümmert sich um Büroarbeiten, die Finanzen und eingehende Telefonate. Doris mag vor allem Ruhe und keine Hilfe beim kochen. ;-)

Briefkasten der Morgan RanchDie genannten Morgans sind die einzigen, die auf der Ranch arbeiten und in der Rinderzucht involviert sind. Es gibt keine externen Mitarbeiter, außer Scott in der Vermarktung, der aber durch seine rege Anwesenheit auch irgendwie zum Ranch-Inventar gehört. Für ein international bekanntes Unternehmen finde ich das bemerkenswert und irgendwie auch sehr sympathisch.

Nach der Vorstellung habe ich mich kurz nach draußen geschlichen und die Wagyus gesucht, aber von den 4000 Rindern, die laut Dan in Spitzenzeiten auf der riesigen Ranch leben, konnte ich nur eine handvoll in der Ferne sehen. Ich habe aber nicht lange warten müssen, denn auf unsere Ankunft folgte ein halber Arbeitstag auf der Ranch.

Die Arbeit auf der Ranch

Mein Trip zur Ranch war so geplant, dass ich in der “calving season” vor Ort war. Innerhalb dieser Wochen werfen die Mutterkühe in großen Teilen ihre Kälbchen, so sah man Babies so weit das Auge reichte. Und das bedeutete auch eine Menge Arbeit.

“Checking the cows.”

99% der Kuh-Babies kommen auf der Weide zur Welt. Das klingt entspannt, bedeutet aber für alle Beteiligten sehr viel Arbeit: Die Kühe müssen permanent kontrolliert werden, weswegen das gesamte Gelände mit dem “four wheeler” beobachtet wird. Am Anfang machte das Cruisen in den Allrad-Buggies noch tierischen Spaß, aber man merkt schnell wie wichtig die Aufgabe ist. In den regelmäßigen “Checks” werden die Gebiete angefahren, in denen sich Herden (oder Teile derer) aufhalten. Manche Mütter bringen den Nachwuchs inmitten der Herde zur Welt, die meisten Kühe suchen für die Geburt aber geschützte Täler zwischen den Sandhills auf, was die Kontrollfahrten – egal ob Tag oder Nacht – nicht gerade beschleunigt. Aber man kann sich die Tagfahrten, hier mit Dan Morgan, sehr spaßig gestalten. ;-)

Bei der Geburt auf der Weide können trotz intensiver Beobachtung verschiedene Probleme auftreten, zum Beispiel wird bei seltenen Zwillingsgeburten immer ein Kalb von der Mutter zurückgelassen. So sucht man zurückgelassene Jungtiere, die dann per Hand aufgezogen oder anderen Müttern gegeben werden, deren Kalb gestorben ist.

Der Polaris ATV ("four wheeler") auf der Morgan Ranch
Der Polaris ATV („four wheeler“) auf der Morgan Ranch.

Im hochtechnisierten Kreissaal kommt es zu Komplikationen, und auf der Weide ist das leider nicht anders. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass beim Geburtsvorgang die Nabelschnur reißt und dadurch das Kalb im Mutterleib vergeblich atmen möchte. So grausam es klingt, aber es ist ein Teil der Wahrheit, dass in der Natur eben nicht immer alles rund läuft. Mir war klar, dass ich auch solch unschöne Geschichten zu Gesicht bekommen würde, trotzdem gab es ausgesprochen wenige jener Fälle. Das zeigt, dass die Herden insgesamt sehr gesund und vital sind, denn bei schwachen und kranken Tieren wäre die “Ausfallquote” wohl um ein vielfaches höher.

Neben dem “first light check” um 7:30 Uhr und dem “last light check” gegen 22:00 Uhr gibt es auch eine Nachtschicht, die den Rhythmus von 2,5 Stunden vom Tag in die Nacht übernimmt. Das bedeutete wenig Schlaf, aber auch viele sehr schöne Momente unter freiem Himmel. Hier seht ihr ein kleines Video einer Mitternachtsfahrt mit Carrie und ihrem Sohn, in dem es neben Kühen auch unglaublich viele Rehe zu sehen gibt. Die schönen Tiere bergen aber auch eine Gefahr, denn die abgeworfenen Geweihe könne die Reifen der ‘four wheeler’ durchstoßen. Darum muss man beim Durchqueren des Geländes auch mit einem Auge direkt vor den Buggy sein.

Die Geburtshelfer

Manche der auftretenden Komplikationen kann man frühzeitig erkennen und einen schlimmen Ausgang abwenden. Dafür ist ein gutes Auge und eine stetige Beobachtung der Tiere erforderlich. Wird ein Problem erkannt, wird die Kuh zum Stall geholt, untersucht und intensiver beobachtet. Will das Kälbchen weiterhin einfach nicht zur Welt kommen, wird die Kuh beim Geburtsvorgang unterstützt. Ich habe zwei solche Situationen erlebt und eine davon auf Video festgehalten.

Dauert der Geburtsvorgang zu lange, hilft man Mutter Natur etwas auf die Sprünge. Dafür wird das Kalb im Mutterleib entsprechend ausgerichtet und die Vorderläufe werden mit desinfizierten Lederriemen fixiert. Man wartet dann auf die Wehen der Kuh und unterstützt das Pressen durch Ziehen an den Lederriemen. Wenn das nicht funktioniert, kommt der sogenannte “cow puller” zum Einsatz. Dieses seilzugähnliche Werkzeug setzt man an den Hinterläufen und an der Hüfte an und kann so das Kalb aus dem Mutterleib ziehen. Nach der Geburt wird durch das Massieren des Brustkorbs die Atmung angeregt, das Reinigen der Nase soll das Atmen erleichtern. In der Natur macht das die Mutterkuh, in dem sie das Kälbchen trocken leckt, was zudem eine Unterkühlung des Neugeborenen verhindern soll. Auch hier kümmerte sich die Mutter ganz typisch um ihr Junges, als alle Beteiligten die Box verlassen haben.

“Cows taggen”

Die neugeborenen Kälbchen müssen nach Ihrer Geburt relativ zeitnah mit Ohrmarken versehen werden, denn mit jedem Tag werden die kleinen Racker beweglicher und umso schwieriger wird dadurch auch das Einfangen. Man könnte die Kühe zwar auch zusammentreiben, das wäre aber ein vielfaches an Arbeit. Für das “Taggen” werden zwei Leute benötigt: Einer steuert den Buggy in Richtung Kalb und Mutter, der andere hechtet aus dem fahrenden Fahrzeug und versucht, das Kleine zu fangen.

Wagyu-Kalb auf der Morgan Ranch, Burwell, Nebraska, USA
Ein kleines Wagyu-Kalb mit Ohrmarke.

Aber nicht nur die flinken Kälber sind das Problem, auch die ein oder andere Mutter riecht den Braten und stellt sich dazwischen. Die Kühe sind an den Menschen gewöhnt, dadurch handzahm und völlig ungefährlich – Wenn aber jemand an den Nachwuchs will, kann bei einigen Tieren alle Freundschaft schnell vergessen sein.

Hier zeigt sich nicht nur der Charakter einer Kuh, sondern auch ganze Charakterzüge der Rassen: Während die roten Hereford-Rinder eigentlich durchweg recht umgänglich sind und gar nicht angreifen, kommt vor allem das Temperament der Black Angus-Rinder häufiger zum Vorschein. Bei standhafteren Tieren muss man daher das Taggen täglich versuchen, bis die Mutterkuh merkt, dass man dem Kalb nicht schaden will. Sie lässt einen irgendwann gewähren, die Ohrmarke setzen und bekommt sofort ihr Baby zurück. Am Ende war dann alles gar nicht so schlimm.

Früher sind die Morgans wie echte Cowboys auf’s Pferd gestiegen und haben zum Taggen ein Lasso benutzt, inzwischen ist die Arbeit durch die motorisierten “four wheeler” um einiges schneller. Für das Eintreiben einzelner Kühe oder kleiner Herden werden aber weiterhin die Pferde zur Hilfe genommen. Leider habe ich kein Foto von Roger oder Patrick auf dem Pferd, aber in dieser kurzen Sequenz sieht man das Zusammenspiel aller Beteiligten beim Füttern.

Füttern

Fütterung auf der Morgan Ranch

Die Kühe kennen den Traktor, denn aus dem Anhänger kommt leckeres und wohl duftendes Beifutter. So kommen sie heran, wenn sie den Motor hören und folgen dem Traktor durch die Sandhills. Roger und Patrick treiben dabei zu Pferde die Kühe aus der Ferne etwas heran, und wenn die Herde groß genug ist wird das Futter verteilt. Über Teile der Ranch gibt es mehrere solcher Spots, in denen vor allem im Winter zugefüttert wird.

Das Füttern ist eine überraschend entspannte Angelegenheit, die wegen der großen Distanzen aber einiges an Zeit verschlingt. Das Futter wird übrigens auch vom zahlreichen Rotwild geschätzt, die kommen regelmäßig auf die Ranch und bedienen sich vornehmlich am Heu.

Anlieferung von Maismehl auf der Morgan Ranch
Anlieferung von Maismehl auf der Morgan Ranch
Das Feierabend-Bier

Feierabendbier auf der Morgan RanchEine schöne “Pflicht” ist die Einnahme eines Kaltgetränks in der Werkhalle am Ende eines Arbeitstages. Die Familie trifft sich, bringt sich auf den neuesten Stand, trinkt dabei ein Bierchen und hat Spaß. Nach den langen Arbeitstagen ist das jedes mal ein willkommenes Feierabend-Ritual, das den Zusammenhalt ungemein stärkt. Im Anschluss sammeln sich die Familienmitglieder am Tisch, wo Doris meistens schon mit dem Essen wartet.

Büroarbeit

Selbstverständlich fällt auch im Büro viel Arbeit an. Die weltweit bekannte Ranch bekommt Faxe, E-Mails und Anrufe. Die Arbeit ist wohl weniger geworden, seit Scott mit an Bord ist – dennoch hat Doris als Bürodame immer mal wieder was zu tun. Am Ende ist aber immer Dan, der sich von Futterbestellung bis Schlachttermin um alles kümmert.

Sonstige Arbeiten

Wo Babies sind, da wurde Liebe gemacht… meistens jedenfalls. Hier kommt neben den Zuchtbullen nämlich auch der Tierarzt regelmäßig ins Gehege, um bei der Befruchtung nachzuhelfen. Und ein paar Monate später kommt er nochmal um zu prüfen, ob die Kühe trächtig sind. Weil jedes mal die Kühe eingeholt werden müssen und das nicht wenig Arbeit ist, erfolgt bei solchen Aktionen auch gleich eine präventive medizinische Behandlung, z.B. Zeckenimpfung, Wurmkuren und/oder Vitaminspritzen.

Die Sandhills und die Gefahr der Erosion

Theoretisch hat jede Kuh ungefähr vier Fußballfelder Fläche zur Verfügung – Das lässt schon erahnen, wie unglaublich groß die Morgan Ranch ist. Die Vegetation ist aber nicht mit unseren heimischen Wiesen mit festen Böden vergleichbar und erfordert daher auch eine besonders schonende Bewirtschaftung.

Morgan Ranch Beef, Nebraska USA

Unter der Grasnarbe befindet sich feiner, weißer Sand. Werden die Gräser und Kräuter von den Kühen zu stark abgefressen, wird der Sand durch den Wind abgetragen – und es gibt viel Wind im mittleren Westen der USA! Durch die Erosion würde das Land innerhalb weniger Monate zur Sandwüste und wäre somit nicht mehr bewirtschaftbar. Der verantwortungsbewusste Umgang mit den sensiblen Sandhills erfordert deswegen viel Wissen über das gesunde Ökosystem in der Region.

Hier kommt Patrick Morgan ins Spiel, der genau hierfür ausgebildet wurde und deswegen eine besonders wichtige Rolle auf der Ranch spielt. Er beobachtet die Gräser, Kräuter, Sträucher, Bäume, Schlangen, Präriehühner, Springmäuse, Fische, Truthähne, Koyoten (Steppenwölfe), das unzählige Rotwild, sowie alle anderen Tiere auf der Ranch und sorgt für ein kontrolliertes Gleichgewicht der Flora und Fauna. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Verbesserung der Bodenqualität durch heimische Kräuter und Gräser. Das hält nicht nur die schützende Grasnarbe intakt, es verbessert auch die Futterqualität der Rinder.

Die Sandhills sehen auf den ersten Blick nicht nach viel Leben aus, auf den zweiten und dritten Blick steckt aber ein komplexes, schönes und schützenswertes Ökosystem dahinter. Die Morgans nehmen sich dieser Aufgabe mit vollem Engagement an und verstehen, wie wichtig der Naturschutz ist; und das ist für mich lobenswert, besonders weil unsere amerikanischen Freunde ja sonst nicht gerade für intensiven Umweltschutz bekannt sind.

Die Rinder

Hereford-Kalb auf der Morgan Ranch
Ein Hereford-Kalb auf der Morgan Ranch.

Auf der Morgan Ranch werden mit Black Angus und Hereford die für mich leckersten Fleischrassen intelligent und nachhaltig gezüchtet. Dabei genießen die Tiere ein Leben wie im Bilderbuch: Es gibt Kräuter und Gräser, die die Sandhills im Sommer zu einer grünen Oase verwandeln. Aber auch im Winter finden die Kühe genug Nahrung. Zudem gibt es mit Heu, Mais, Silage und Maismehl eine gute Zufütterung.

Laut Dan ist aber nicht die Zufütterung mit Mais oder die sechsmonatige Mast das Geheimnis des guten Geschmacks, sondern das natürliche Futterangebot und die Bewegung der Kühe in den Sandhills. Für mich ist das durchaus nachvollziehbar, denn die weichen, sandigen Hügel sorgen für eine moderate Muskelbelastung, was somit auch einen intensiveren Geschmack hervorbringt. Zudem haben die Kühe ein gutes Leben von mindestens zwei Jahren, was weit über dem Durchschnitt liegt und dadurch auch mehr Geschmack bringt.

Das reinrassige Wagyu ist nicht minder erwähnenswert. Es ist in seiner Marmorierung sehr stark, trotzdem aber noch als Steak genießbar. Bei 300g echtem Kobe-Ribeye kommen viele Mägen durch den hohen Fettgehalt an ihre Grenzen, und so taugt derart fettiges Fleisch auch kaum für große Steaks. Beim Morgan Wagyu hingegen bleibt das Steakerlebnis mit mehr herzhaftem Fleischanteil und einer wunderschönen Marmorierung. Vor allem wegen dieser vielseitigen Verwendbarkeit im Vergleich zu japanischem, stark marmoriertem Wagyu wird das Fleisch der Morgans in Gourmetrestaurants weltweit geschätzt.
Die Hälfte der Produktionsmenge der Morgan Ranch kommt übrigens über Otto Gourmet nach Europa und geht von hier aus in die ganze Welt, die andere Hälfte verbleibt im Land und findet seine Wege in die besten Restaurants der USA.

Gracie Creek auf der Morgan Ranch
Der Gracie Creek durchquert die Ranch.

Das Wasser für die Kühe ist sauberes Grundwasser, das teilweise nur 5 Meter unter der Grasnarbe liegt. Durch mit Windkraft betriebenen Pumpen wird das Wasser von Brunnentränken aus in Gebiete geleitet, wo der kleine „Gracie Creek“ nicht fließt. So haben die Tiere fast überall fließend frisches Wasser. Auch die Häuser auf der Ranch verwenden das saubere Grundwasser als Leitungswasser.

Dan sagt, dass American Beef von der Morgan Ranch durch die herausragende Qualität und Genetik eine kürzere Reifedauer bei der Trockenreifung braucht als das anderer Produzenten. Die Faser sei durch die gute Genetik, das Alter und Marmorierung schon verkürzt, sodass dass ein verlängerter Reifeprozess zum Zartmachen nicht erforderlich ist – das Steak behalte so mehr Flüssigkeit und bleibe dadurch saftiger. Innerhalb von 8 Tagen entsteht im Reifeschrank der charakteristisch nussige Geschmack, sodass das Steak dann schon perfekt sei.

Die Produktionsmenge ist durch die sensible Landschaft begrenzt, zusätzlich sorgt der Status “Familienbetrieb” für einen verantwortungsbewussten Umgang der Natur; Statt es für den “kurzfristigen” Profit in eine Wüste zu verwandeln, können so auch nachkommende Generationen der Morgans nachhaltig mit dem Land arbeiten. Am Ende fließt viel Liebe, Erfahrung, Wissen und verdammt viel Arbeit in das Fleisch, und das schmeckt man auch.

Schlusswort

Die Rinder leben völlig frei auf riesigen Arealen, die weit weg von all den Gedanken an amerikanische “feed lots” sind – Das macht extrem viel Arbeit, bringt am Ende aber für mich eins der weltbesten Steaks auf den Teller. Das Wagyu ist eine Klasse für sich, aber auch beim American Beef der Morgan Ranch schmeckt man die Weiten der Sandhills und die Süße vom Mais. Ich habe mich in die Ranch verliebt und kann mit gutem Gewissen behaupten, dass die Begebenheiten selbst für europäische Verhältnisse traumhaft sind. Die Ranch ist zwar komplett umzäunt, aber die wenigsten Kühe sehen wohl je den Rand der Ranch. So grasen die Tiere eigentlich das ganze Jahr über im Freien, fressen saftiges Gras, Blumen und Kräuter. Gelegentlich kommt zusätzlich der Traktor vorbei und bringt leckere Silage, Maismehl und Kraftfutter. Das Morgan Beef kann man mit reinem Gewissen genießen, und für US Beef ist das schon eine Besonderheit.

Ein Kalb bekommt die FlascheIch bin froh und dankbar, dass ich die Woche auf der Ranch mit anpacken durfte. Es war anstrengend, verdammt windig und teilweise brutal kalt – Aber auch wunderschön. Ich finde, auch ein paar Wochen nach der Reise, noch immer erstaunlich, mit wie viel Sorgfalt die Morgans vorgehen und welchen unglaublichen Aufwand sie betreiben, ganz ohne externe Mitarbeiter oder Hilfen. Ich konnte die komplette Produktionskette einsehen und habe dabei unglaublich viel gelernt, so war die Reise für mich ein Gewinn und die Ranch im Nirgendwo ein Ursprung für viele schöne Erinnerungen.

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2 Kommentare

  1. Ein sehr interessanter Bericht! Man denkt nicht, dass die Amis so gut mit den Tieren umgehen. Liefert die Morgan Ranch an GOP (Greater Omaha Pakers) und kann ich an der Verpackung rausfinden, wo das Fleisch her kommt? Danke!

    1. Danke erstmal für das positive Feedback, Richard! Die Morgan Ranch liefert nicht an die Greater Omaha Packers, da werden viel größere Quantitäten verarbeitet und „Sonderwünsche“, wie z.B. spezielle Zuschnitte, sind nicht möglich. Das Fleisch der Morgan Ranch gibt es derzeit nur bei Otto Gourmet. Hoffe, Dir ist damit geholfen. ;-) LG

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