Tafelspitz grillen: Picanha
Das Rodizio bzw. Churrasco ist für mich eine der leckersten Zubereitungsarten von Rindfleisch. Tafelspitz grillen und das richtige Schneiden ist nach dieser Anleitung kein Problem mehr.
Tafelspitz ist in Deutschland ein absolut unterschätztes Stück Fleisch. Meistens landet bei uns der Zuschnitt aus der Hüfte im Kochtopf, so wird aus dem Tafelspitz der Tafelspitz… Verwirrt? Eigentlich ganz einfach: Der Tafelspitz ist der Zuschnitt, also das Stück Fleisch, das der Metzger aus dem Hinterlauf des Rinds löst. Wer in deutschsprachigen Ländern aber Tafelspitz im Restaurant bestellt, dann ist der Tafelspitz das Kochfleisch-Gericht. Aber man kann, wie in Südamerika üblich, den Tafelspitz grillen (was vieeel leckerer ist!) und z.B. passend mit einer köstlichen grünen Chimichurri-Sauce servieren.
Beim Churrasco, so wird in Lateinamerika allgemein das Garen von Rindfleisch über offenem Feuer genannt, wird der Fettdeckel vom Tafelspitz im Gegensatz zum Kochfleisch nicht entfernt. Das hat einen guten Grund: Das Fleisch gart am Spieß und wird immer dünn abgeschnitten. Das Fett aus dem Fettdeckel zerfließt beim Erhitzen, läuft an den Schnittseiten herunter und sorgt so mit etwa Salz für wahnsinnig leckere Röstaromen.
Rodizio, Churrasco oder Asado?
Im portugiesischen Wort “Rodizio” steckt das lateinische Wort “rota”, das für Kreislauf steht: Es beschreibt den stetigen Weg des Spießes, der mit immer wieder neuem Fleisch bestückt fortwährend vom Feuer zum Gast und zurück getragen wird. Die Kenntnisse über die Zubereitung brachten portugiesische Seefahrer aus Brasilien mit, darum tragen brasilianische Restaurants in Teilen Europas häufig den Beinamen “Rodizio”. In den meisten Teilen der Welt sind solche Restaurants aber unter dem ursprünglicheren Namen “Churrascaria” bekannt. Der Name „Churrasco“ ist eigentlich eine Lautmalerei und soll das Zischen und Brutzeln von Fett über Feuer darstellen. In anderen Ländern Südamerikas, z.B. Argentinien, Chile und Urugay, spricht man bei der gleichen Grillmethode vom „Asado“. Das ist spanisch und heißt ganz einfach „Gegrilltes“. Da aber Zerlegetechniken und vorallem auch Bezeichnungen für verschiedene Cuts und Zuschnitte in den unterschiedlichen Ländern nicht gleich sind, ergeben sich auch zum Teil Unterschiede in den Bezeichnungen. Wir beschäftigen uns aber mit dem traditionellen Stück: Dem Tafelspitz.
Tafelspitz richtig schneiden
Weil der Tafelspitz eine relativ magere Muskelpartie ist, solltet ihr schon beim Kauf auf einen durchgehend geschlossenen Fettdeckel achten, der beim Grillen auch am Fleisch bleibt: Er ist außerdem Indikator für intramuskuläres Fett, was das Fleisch saftig hält. Weil die Muskelfasern zu Lebzeiten des Tieres nicht nur mager sind, sondern bei Bewegung auch noch stark beansprucht werden, ist der Tafelspitz relativ zäh. Dadurch ist der Zuschnitt sehr wichtig, bevor das Fleisch auf den Spieß kommt. Das ist aber kein Problem, wenn man einmal den Dreh raus hat.
Auf der Seite ohne Fettdeckel können wir den leicht schrägen Verlauf der Muskelfasern sehen und setzen die Schnitte um 90° versetzt an, wie auf dem Bild zu sehen ist. Dadurch dass später mehr oder weniger kleine Scheiben vom Fleisch geschnitten werden, ist die Länge der Faser sehr kurz. Das erleichtert das Kauen und das Kurzgebratene ist “zart”. Bei einem Tafelspitz von rund einem Kilo schneide ich in der Regel drei dicke Scheiben aus dem Tafelspitz.
Das richtige Aufspießen
Bevor wir den Tafelspitz grillen, muss das Fleisch aber noch an den Spieß. Dazu sollte man einen ordentlichen Churrasco-Spieß zur Hand haben, der über die gesamte Länge des Grills hinausragt. Ich verwende dazu einen Churrasco-Spieß von Tramontina und kenne kein besseres Produkt. Die typische V-Form ist geeignet um Fleisch perfekt auf den drei Seiten des Spießes äußerst stabil zu garen, wenn der Spieß auf dem Rand des Grills bzw. im Churrasco-Ring aufliegt.
Ich achte außerdem darauf, dass die einzelnen Stücke eng aneinander liegen. Somit erhitzt sich später der Spieß nicht so stark, was auch das Fleisch innen zu schnell zum Garen bringen würde.
Tafelspitz grillen: Churrasco, amigo!
Die Fleischstücke werden dann gesalzen und über offenes Feuer gehalten, ich mache das immer mit zwei direkten Zonen außen und einer indirekten Zone in der Mitte des Grills. Ich beginne zuerst mit dem direkten Aufheizen des zur Glut geneigten Fettdeckels, bis das erste Fett heraustropft und die Flammen hochschlagen.
Dann drehe ich den Fettdeckel nach oben und schiebe den Spieß in den indirekten Bereich, sodass die Hitze an den Schnittseiten vorbeiströhmt. Das angewärmte, nun an den Schnittseiten herunterfließende Fett des Deckels bildet dann mit der Zeit eine tafelspitzenmäßige Kruste. ;-)
Hinweis: Bleibt beim Grillen auf jeden Fall aufmerksam am Spieß. Ein guter Fettdeckel kann auch im indirekten Grillbereich einen ordentlichen Fettbrand erzeugen, der das leckere Fleisch verkohlen könnte.
Nach ein paar malen Wenden, Drehen und Kontrollieren des Bräunungsgrades sieht das Fleisch dann ganz schnell unglaublich lecker aus:
Nach mehrmaligem Drehen auf allen Kanten kann das Fleisch vom Grill und es werden dünne Scheibchen vom Spieß geschnitten. Der Schnitt sollte seitlich erfolgen, damit die Fleischfasern gekürzt werden. Mit der Dicke der Abschnitte kann man den Gargrad seiner kleinen Steak-Slices bestimmen. Ich schneide fast immer dünne Scheiben runter, die maximal medium-rare sind; Picanha ist für meinen Geschmack ein Gericht ist, dass vor allem von den tollen Röstaromen lebt und weniger mit einem Steak verglichen werden sollte. Tafelspitz ist „rare“ -Abgesehen von Tatar- für mein Empfinden zudem nur bei sehr guter Qualität genießbar.
Nach dem Anschnitt kommt der Spieß wieder auf den Grill. Vor dem erneuten Auflegen kann man die Schnittflächen erneut, diesmal aber nur leicht salzen. Wenn man sich schließlich nach einigen Abschnitten der Mitte des Spießes nähert, sollte man die verbleibenden Stücke auseinander ziehen, sodass etwas Platz zwischen den Fleischresten ist. Dadurch erhitzt sich der Spieß etwas und das verbleibende Fleisch kann gleichmäßig medium gegart werden.
Eigentlich ganz einfach, oder? ;-)
Das Picanha auf den Fotos war verdammt lecker und dank hübscher Marmorierung auch schön saftig. Zweifelsohne ist Picanha aber nicht nur am Gaumen ein echtes Erlebnis, auch die Zubereitung ist immer wieder ein großer Spaß und ein Hingucker für Gäste. Das macht Picanha zu einem meiner Lieblingsgerichte vom Grill. Probiert’s mal aus, es wird Euch bestimmt ebenso überzeugen.
Falls Ihr noch offene Fragen oder Anregungen habt, freue ich mich über Euer Feedback in den Kommentaren. Viel Spaß beim Tafelspitz grillen und guten Appetit! :-)
…sehr gut erklärt – Kompliment
Besten Dank, Normann! Das geht runter wie Nussbutter! :-) LG